100 Tage

ANJA: Der 100. Reisetag lässt sich ziemlich unromantisch an. Eine unruhige Nacht in unserem kleinen Hotel in Tatvan. Wir wollten früh aufstehen um die Fähre nach Van nicht zu verpassen.

Früh morgens, nachdem wir das ganze Gepäck schon 2 Stockwerke runtergeschleppt hatten informierte uns der Chef des Hotels, dass die Fähre heute erst um 15.oo ablegen würde. Da waren wir doch etwas erstaunt, hiess es doch immer um 9.00 morgens. jaja, nur heute nicht. Na super! Mittlerweile ist es 16.30 Uhr und wir legen in dieser Minute ab. Nachdem wir seit 7.30 heut früh am Pier auf den Zug warteten sind mittlerweile alle Passagiere des Zuges Richtung Teheran über Van an Board. Wir teilen uns also das Grossraumcasino mit etlichen türkischen und iranischen Familien. Der Lärmpegel und auch die typische Landesmusik sind entsprechend. Peter und Ich haben die Ohrenstöpsel schon aktiviert. Der Chef der Crew hat uns schon einen Rundgang auf dem Schiff angeboten, Kirschen bekamen wir auch schon geschenkt und Kaffee gabs für uns zum Sonderpreis. Wir glauben, wir sind die ärmsten VIP’s die das Schiff je gesehen hat.

Was für ein Fazit können wir über die letzten Monate ziehen:

In Ungarn, Serbien und Bulgarien waren wir wirklich sehr sehr positiv überrascht. Sehr nette Menschen, viele sprechen deutsch, kommen auf einen unverbindlichen Plausch. Wir hatten keinerlei Probleme.Das Essen war sehr gut und günstig.Wir konnten überall unser Zelt aufstellen, frei sichtbar für jedermann, wurden kurz begrüsst und dann in Ruhe gelassen. Wer eine längere Fahrradtour günstig und relaxt machen möchte ist an der Donau ab Bratislava gut aufgehoben. Wir werden wohl auch noch einmal diese Länder mit dem Rad bereisen.

In der Türkei ticken die Uhren im wahrsten Sinne des Wortes anders. Vor Istanbul ist für uns noch keine richtige Türkei.Alles noch zu sehr Europäisch auch von den Preisen und dem Essen her. Ab Yalova, das wir per Fähre übers Marmarameer erreichten, fing die Türkei an. Wir wurden ständig eingeladen, ob zum obligatorische cay, zum Essen oder auch schlafen war Alles dabei. Die Menschen lebten teils unter einfachen Bedingungen und wir fühlten uns sehr wohl. Ab Bingöl änderte sich jedoch die Sichtweise der Türken/Kurden. Wenn Peter ein Hotel suchte, versuchte ich mich mit meiner Radlhose zwischen Pikups zu stellen, da die Blicke der Männer Bände sprachen. Auch wurde ich während des Fahrens angepöbelt und bereits zum zweiten Mal beklaut. (Heute im Hotel hat sich wohl ein Angestellter meinem Fahrradtacho angenommen.) Auch die Kinder haben sich hier in Kurdistan verändert. Waren es vorher freundliche Hallorufe, bei welchen wir gerne der gesamten Familie zuwinkten, sind es jetzt provozierende Hellu, Tourist, give me money Rufe. Das geht uns tierisch auf den Keks. Als wir darauf einen gut englisch sprechenden Türken auf die Kinder ansprachen meinte dieser, dass dies nur die Gipsies tun würden. Peter erwiederte, dass sie hier ja ganz schön viele Gipsies hätten.

Vielleicht ist es einfach an der Zeit für uns in ein neues Land zu wechseln. Die täglich selben Fragen, wo kommst Du her ? wo willst Du hin ? können wir meist ignorieren. Auch lässt die Bildung, je weiter östlicher wir kommen, zu wünschen übrig. Ach so, aus Deutschland kommen wir mit dem Fahrad und was?? bis zum Vansee wollt Ihr fahren?? das sind ja noch über 100 km. Das wir vorher schon über 4000 km aus Deutschland gefahren sind ist wohl für die Bevölkerung nicht zu begreifen. Alles in Allem ist die Türkei für uns ein schönes Reiseland. Die Berge hatten wir jedoch unterschätzt, dagegen kommt uns jetzt Bulgarien wie ein Miniaturland vor. Bis vor Kurdistan fühlten wir uns auch rundumwohl. Nun tauchen vor Städten immermehr Gipsies mit bettelnden ungepflegten Kindern auf. Auch hier in Tatvan gibts es auch noch nette Mensche die uns zum Tee einluden.Ein Vater mit seinen Söhnen betreut die Touristen in Tatvan und lud uns zu einer Fahrt auf den Vulkan ein.Leider zu spät, da wir nur zum Mittagessen nochmal kurz in die Stadt sind und doch auf die Fähre warteten. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. So jetzt werde ich die gemütliche Fährfahrt noch geniessen und heute Nacht noch eine Unterkunft in Van suchen. Wenn wir dies hier veröffentlichen können, haben wir hoffentlich gut eingecheckt. Nächster Tag: Kleine Korrektur, wir haben nicht eingecheckt, sondern am Hafen von Van im Warteraum gepennt. Nachdem alle Passagiere wieder in den Zügen verstaut waren, konnten wir im Wartesaal uns ausbreiten. Heute morgen sind wir bereits um 7.oo nach Van gestartet um den Bus nach Kars zu bekommen. Wir wurden am Otogare fast zerissen, so wurde um uns gerungen. Für nur 100 Tlr zu zweit werden wir nun mit Tv Unterhaltung, Kaffee und einem schnellen Kühlwasserschlauchwechsel nach Kars gekarrt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert